zu #aufschrei
2013-01-26 10:24Als ich 10 war, fingen Männer an mich mit sexuellen Anzüglichkeiten und Grapschereien einzuschüchtern; ich dachte das wäre mein Fehler, weil es anderen Mädchen ja nicht passierte, schämte mich und sprach nicht davon.
Als ich 20 war, habe ich Diffamierung (Frauen sind automatisch dumm und nutzlos und können keine Technik & Wissenschaft, sind nur als Dekoration gut, etc) geschluckt und darauf geschoben, daß ich typischerweise die einzige Frau und "nicht ganz richtig" war, und extra hart gearbeitet um zu zeigen daß zumindest ich nicht unfähig bin.
Als ich 30 war, war ich bissig und hinreichend getarnt, daß ich persönlich zumindest von Bekannten nicht mehr krumm angegangen wurde, und ich konnte das Grundrauschen an Frauen-Diffamierung ignorieren.
Vor ein paar Jahren habe ich gelernt, daß ich nicht der einzige fast-Teenager war, der belästigt wurde, nicht die einzige Frau mit Interesse and Wissenschaft und Technik (nur etwas dickhäutiger und sturer als die, die sich vertreiben ließen), und daß die Dauer-Diffamierungs-Berieselung sich in konkreten Nachteilen für alle Frauen niederschlägt, vor allem aber für die jungen, die sich ihren Platz erst suchen müssen und deren Chancen systematisch beschnitten werden.
Ich erinnere mich, wie es sich anfühlt im wesentlichen verteidigungslos und unverteidigt mit Belästigung, Benachteiligung, Diffamierung und Ungerechtigkeit zurechtkommen zu müssen. Ich bin nicht mehr in dem Ausmaß selbst betroffen, aber das heißt im wesentlichen daß ich Unrecht ansprechen kann ohne selbst wesentliche Nachteile erwarten zu müssen, und deswegen tue ich es auch. Damit die Mädchen und jungen Frauen heute nicht allein damit zurande kommen müssen, damit Männer es merken daß ihre Sprüche nicht fair sind, damit die frauenfeindlichen Sprücheklopfer nicht nur Wackeldackel um sich haben.
Es gibt auch Ungerechtigkeiten die Männer betreffen. Ich begrüße es wenn Männer diese ansprechen, sofern sie dabei Fairness walten lassen. Beispiele sind Gewalt gegen Männer (sexuelle und andere), Reaktion des Arbeitgebers und der Umwelt auf den Versuch, Vater und nicht bloß Erzeuger zu sein, Sorgerecht, Generalverdacht bzgl Mißbrauchs von Kindern (wo es sich lohnen würde auch Frauen besser auf die Finger zu schauen), und nicht "gender-konformes" Verhalten.
Nicht fair hingegen sind Männer, die sich finanziell von ihrer Freundin ausgenommen fühlen ("alle Frauen sind Parasiten die nur hinter dem Geld des Mannes her sind") und als Beweis anführen, daß ihre Freundin darauf besteht daß sie einmal die Woche zum Essen ausgehen und der Mann zahlt, dabei aber geflissentlich vergessen daß sie die restlichen 6 Tage die Woche bei der Freundin essen (weil sich so ein Kühlschrank ja auch selber füllt, ohne daß es wen was kostet, und Arbeit von Frauen ja grundsätzlich nicht zählt - wohingegen ein Handgriff eines Mannes zwei Wochen gelobt werden muß). Die darauf bestehen, daß ihre Freundin sich schick macht und gut aussieht, damit sie mit ihr angeben können, aber sich beklagen, daß modische Kleidung Geld und ausgefeilte Kosmetik Zeit kostet. Die Kinder haben wollen, aber doch bitte nicht die Arbeit und Verantwortung, die mit Kinderversorgung verbunden sind. Die erwarten, daß man sie bemitleidet, weil eine Partnerin sie nicht rundumversorgt und ihnen in jeder Hinsicht den Hintern hinterherträgt, wie es ihre Mutter getan hat als sie 6 Jahre alt waren. Wer mit diesen Problemen kommt, darf mit Spott heimgehen.